Das persönliche Budget für Kinder mit Down Syndrom

„Unbedingt das persönliche Budget beantragen. Mach das. Nicht vergessen.“ Zwei Sonderpädagoginnen sitzen mit mir im Planwagen, der Trecker dröhnt. Wir feiern den Junggesellinnenabschied meiner Freundin. In meinem Bauch wackelt Lillemor mit. Die beiden Frauen haben Ahnung und geben mir freudig Tipps für Lilles Zukunft. Heute ist Lille 3,5 Jahre alt und ich habe das persönliche Budget bisher noch nicht beantragt. Es ist so, wie die Beiden gesagt haben. Kaum jemensch weiß, was das ist, wofür ich es einsetzen kann und wo ich es beantragen kann. Ich lese im Netz: Das persönliche Budet ist eine Sozialleistung. Ich als Mama kann das persönliche Budget für Lille beantragen. Es ist eine Geldleistung statt Sachleistung für konkrete Hilfebedarfe von Lillemor. Ich kann damit Fachkräfte bezahlen, die die Leistungen ausführen, die sie teilweise ohnehin schon bekommt. Physiotherapie, Logo und so weiter. Ich könnte davon später auch eine Schulbegleitung bezahlen oder eine Assistenz, die sie auf ihrem Weg in ein selbstständiges Leben begleitet. Entweder werde ich dann stellvertretend für Lillemor Arbeitgeberin oder ich beauftrage einen Dienstleister. Vorteil: Ich bekomme eine Geldleistung und kaufe die Leistung selbst ein. Dabei muss ich nicht, wie sonst üblich, darauf achten, dass der Dienstleister einen Vertrag mit der Krankenkasse o.ä. hat.

Warum gibt es das persönlich Budget?

Das persönliche Budget soll Menschen mit Behinderung helfen, ihr Leben eigenverantwortlich, selbstbestimmt und selbstständig zu gestalten. Sie sagen, was sie benötigen, wo Hilfe und Assistenz in Alltag, Beruf und der Freizeit notwendig sind. Das persönliche Budget wird für jeden Menschen persönlich ermittelt. Ich stelle einen Antrag, dann wird mein Bedarf ermittelt, die Kosten werden geschätzt, ein Plan wird geschrieben und Zielvereinbarungen getroffen.

Dann erfolgt die Genehmigung und los geht es. Alles klar. Einfacher geht es doch nicht. Oder? Und wer sind die Hilfeträger? Für Kleinkinder und Kinder im Vorschulalter sind diese hier relevant: Krankenkasse, Pflegeversicherung, Sozialhilfe (besonders spannend die Leistungen der Eingliederungshilfe), Jugendhilfe und Jugendförderung. Ihr stellt den Antrag bei dem Träger, den ihr für zuständig glaubt. Sollte das doch nicht passen, reichen die Träger den Antrag an die richtige Stelle weiter. Unten habe ich euch eine Broschüre verlinkt, in der ihr Träger und mögliche Hilfen aufgelistet findet.

Beispiel notwendig?

Ihr wünscht euch Frühförderung für euer Kind. Ihr geht dafür ins SPZ. Dort gibt es aber leider keine Therapeut:innen, die Gebärden beherrschen. Das wäre für euer Kinder aber sinnvoll und notwendig. Über das persönliche Budget könntet ihr euch eine Heilpädagogin mit Gebärdenkenntnissen suchen, die die Frühförderung übernimmt. Die bezahlt ihr dann über das persönliche Budget. Weiteres Beispiel: Euer Kind kann allein keinen Spielplatz besuchen, aber es ist in einem Alter, in dem es auch mal etwas ohne Mama und Papa unternehmen möchte. Das persönliche Budget kann eurem Kind die Teilhabe an Freizeitaktivitäten ermöglichen. Dafür könntet ihr zum Beispiel ein Budget für die Bezahlung einer Assistenzkraft beantragen.

Mehr Infos zum persönlichen Budget

Die für mich beste Broschüre ist von 2012 vom Der Paritätische Gesamtverband.

Broschüre zum Persönlichen Budget LINK

Ein Absatz aus diesem ausführlichen Dokument macht mich richtig traurig:

„Seit dem 1. Januar 2008 haben alle Menschen mit Behinderungen, und damit auch Kinder mit Behinderung, einen Anspruch darauf, dass ihnen auf Antrag die ihnen zustehenden (budgetfähigen) Sozialleistungen in Form des Persönlichen Budgets gewährt werden (vgl. § 159 V SGB IX i.V.m. § 17 II 1 SGB IX). Leistungsträger sind gesetzlich verpflichtet, Leistungsberechtigte über diese neue Form der Leistungsgewährung zu beraten.“

Und wann wurdet ihr zuletzt auf das persönliche Budget hingewiesen oder dazu beraten??? Auch so oft, wie ich? Also nie? Ich werde mich jetzt weiter informieren. Denn aktuell weiß ich noch zu wenig über die Einsatzmöglichkeiten des persönlichen Budgets für ein Kleinkind. Am 16. Juni nehme ich an einem zweistündigen Workshop dazu teil. Denn auch später wird Lillemor sicher von dieser Sozialleistung profitieren können. Allein der Einsatzbereich Arbeitsassistenz wäre interessant.

2 Gedanken zu “Das persönliche Budget für Kinder mit Down Syndrom

  1. Avatar von Angela Wingerath Angela Wingerath

    Liebe Katrin,
    vielen Dank für deinen interessanten Beitrag. Ich habe allerdings von mehreren Seiten gehört, dass es leider erstens zu wenige Menschen gibt, die solche Dienste übernehmen wollen und können und zum anderen, dass es ziemlich kompliziert ist, die Bürokratie im Zusammenhang mit dem persönlichen Budget zu erledigen und selbst Arbeitgeber zu sein. Das könnte ich vielleicht schaffen, wenn ich nicht berufstätig wäre, aber so wird mir das einfach zu viel.

    Dir wünsche ich auf jeden Fall, dass ihr tolle Menschen findet, die eure süße Tochter betreuen möchten und ich danke dir sehr für deine hilfreichen Beiträge bei Instagram. Liebe Grüße aus Hannover von Angela

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  2. Pingback: Das persönliche Budget für Kinder mit Behinderung Teil 2 – Mein Kind mit Down Syndrom

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